Vier Fraunhofer-Institute demonstrieren Datenräume im Energiesektor am Beispiel grünen Wasserstoffs. Die Digitalisierung der Energiewende hat das Ziel, Informationen von einer Vielzahl von dezentralen Stromerzeugern wie Windenergie- oder PV-Anlagen und Lasten für einen effizienten Betrieb des Stromsystems nutzbar zu machen.

Für diesen großen Informationsbedarf werden neue Konzepte benötigt, wie Daten effizient ausgetauscht werden können und die digitale Souveränität der Unternehmen gewahrt bleibt. Vier Fraunhofer-Institute haben nun mit einem Demonstrator zur Produktion grünen Wasserstoffs gezeigt, wie sich dies künftig mit dem Konzept eines International Data Spaces umsetzen ließe. Die Projektinhalte werden in einem Video visualisiert und in einer Expert-Web-Session am 27. Mai präsentiert.

Die Rahmenarchitektur der International Data Spaces (IDS) wurde von der Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam mit mehreren Industriepartnern entwickelt und in konkreten Software-Bausteinen umgesetzt. Die Tür zum Data Space ist dabei ein IDS-Konnektor, der die im Data Space geltenden Regeln und Prozesse umsetzt. Zu diesen Regeln zählen Bedingungen zur Nutzung von Daten, deren Einhaltung auch technisch umgesetzt und verfolgt werden kann.

Hinzu kommen zentrale Dienste wie etwa die Zertifizierung von Teilnehmern, die Bereitstellung von Suchmaschinen für Daten und Meta-Daten sowie weitere Funktionen zur Dokumentation von Transaktionen (Clearing-House) oder zur Bereitstellung von Anwendungen aus einem App-Store. Die Bausteine des IDS passen mit ihren Funktionen in das Konzept der europäischen Initiative GAIA-X und ermöglichen damit bereits jetzt den Einstieg in den zukünftigen europäischen Datenraum.

Energy Data Space als Werkzeug für die Digitalisierung der Energiewende

„Die Technologie der Data Spaces bietet ein großes Potential für den Einsatz in der Energiewirtschaft“, erklärt Volker Berkhout, vom Fraunhofer IEE, der das Teilprojekt ‚EnDaSpace‘ leitete. „In verschiedenen Bereiche können existierende Informationen bisher nicht genutzt werden, weil Unternehmen aus der Weitergabe dieser Daten Nachteile befürchten. Hier wollen wir zukünftig mit einem Energy Data Space Türen zur Zusammenarbeit öffnen, die bisher verschlossen sind.“

Im Projekt ‚EnDaSpace‘ wurden die Daten der 8-MW-Windenergieanlage beim Fraunhofer IWES in Bremerhaven als Grundlage verwendet, um am Power-to-Gas-Forschungszentrum des Fraunhofer IEE in Bad Hersfeld grünen Wasserstoff zu erzeugen. Aus den Daten der Windenergieanlage zusammen mit Wetter- und Strommarktinformationen erzeugte das Fraunhofer IOSB-AST einen Fahrplan für den jeweiligen Folgetag, mit dem Windstrom für die Wasserstofferzeugung genutzt werden kann. Die Betriebsführungsstrategien von Elektrolyseuren im Energiesystem werden mit steigendem Einsatz von Wasserstoff relevant sowohl für die Wirtschaftlichkeit der Projekte, als auch für den Betrieb des Gesamtsystems.

Die Kommunikation zwischen den Anlagen und Systemen erfolgt über einen Energy Data Space. In diesem Datenraum tauschen Anlagen nach vereinbarten Regeln und unter bestimmten Bedingungen Daten aus. Das Konzept der International Data Spaces ermöglicht es allen Akteuren selbstbestimmt über die Nutzung ihrer Daten zu entscheiden und ermöglicht damit ihre digitale Souveränität.

“Für uns ist das erfolgreiche Demonstrationsprojekt für einen exemplarischen Use Case der Auftakt in die Gestaltung des Energy Data Spaces für verschiedenste Anwendungsfälle in der Energiewirtschaft”, sind sich die Projektpartner in ihrem perspektivischen Fazit einig.

 

Daten von 8-MW-Windenergieanlage

Die Datenquelle für den Demonstrator war die 8-MW-Windenergieanlage beim Fraunhofer IWES in Bremerhaven. Die im Projekt verwendeten Betriebsdaten wurden zunächst für verschiedene Zeiträume aggregiert. Über eine REST-Schnittstelle wurden die Daten mit dem Konnektor verknüpft und als Datenressource im Energy Data Space angelegt.

„Mit dem Wissen und der Erfahrung, die wir im Projekt aufgebaut haben, können wir künftig auch weitere Anlagenbetreiber oder Softwareanbieter dabei unterstützen, Windenergiedaten für Data Spaces aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen“, erläutert Juliane Schneider, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IWES, die das Arbeitspaket leitete.

 

Fahrplanoptimierung wirtschaftlich und netzdienlich

In der Energiemanagement-Software EMS-EDM PROPHET® des Fraunhofer IOSB-AST laufen die Informationen zum Betrieb der Windenergieanlage mit den Windvorhersagen und den Strommarktpreisen zusammen. Daraus berechnet die Software einen Fahrplan, der garantiert, dass die Elektrolyse nur betrieben wird, wenn auch Windstrom zur Verfügung steht und der Strompreis unter einer festzulegenden Schwelle liegt, bei der die Strom-Einspeisung vorteilhafter als die Elektrolyse ist. Außerdem werden bei der Fahrplanberechnung Parameter zum Anlagenbetrieb berücksichtigt, wie etwa die Dauer für das Wechseln von Zuständen bei Einschaltvorgängen oder im StandBy-Betrieb. In weiterführenden Arbeiten soll zukünftig auch die optimale Betriebsweise des Elektrolyseurs in die Modelle eingebunden werden.

„Wir erwarten, dass diese Fragestellung zukünftig eine immer stärkere Bedeutung gewinnt“, so Carsten Frey, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IOSB-AST. „Wir werden auf dieser Grundlage auch neue Funktionen für das Bilanzkreismanagement im Rahmen unserer Energiemarktsuite EMS-EDM PROPHET® entwickeln.“

 

Grüner Wasserstoff

Zur Verwendung des Fahrplans wurde ein Datenformat abgestimmt und der Datenfluss vom Konnektor bis in die Anlage konzipiert und umgesetzt. Der Fahrplan wird zunächst in eine Datenbank geschrieben und von dort durch die Anlagensteuerung des Elektrolyseurs ausgelesen und umgesetzt. Ende Februar fand der Testlauf im Realbetrieb am Power-to-Gas Forschungszentrum des Fraunhofer IEE in Bad Hersfeld statt und verlief erfolgreich.

„Die Kopplung von Windenergie und Wasserstoff offshore und onshore wird wesentlich für die Erzeugung von grünem Wasserstoff sein“ erwartet Bernd Krautkremer, Leiter des Forschungszentrums in Bad Hersfeld. „Entscheidend ist häufig, dass die jeweils unterschiedliche Weiterverwendung des Wasserstoffs in den Betriebsoptimierungen mitgedacht wird.“

 

Offene Datenplattform

Die offene Datenplattform des EnDaSpace basiert auf einer von Fraunhofer IOSB-INA bereitgestellten FIWARE-Instanz. Als Open-Source-Initiative bietet FIWARE einen modularen Baukasten für die Implementierung und den Betrieb von Datenplattformen. Dabei stehen insbesondere Standards und Lösungen für das Management von Kontextdaten im Fokus. Eine auf der Datenplattform ausgeführte Anomalieerkennung, konnte so einfach mit den Betriebsdaten der Windenergieanlage verbunden werden. Die Herausforderung im Projekt bestand darin, den Datenfluss über die IDS-Konnektoren mit dem Datenmanagement in der FIWARE-Umgebung zu verbinden.

„Die Kombination von Data Spaces und bereits etablierter offener Plattformtechnologie ist ein Zukunftsmarkt“, prognostiziert Anders Borcherding, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IOSB-INA. „Hier sehen wir insbesondere im Bereich der Smart Cities interessante Anwendungschancen“.

 

Über das Projekt

Das Projekt „EnDaSpace Platon“ wurde von der Fraunhofer-Gesellschaft im Rahmen des Innovation-Push-Programms ausgewählt und von August 2020 bis Februar 2021 bearbeitet. Neben den Arbeiten zur Demonstration des Energy Data Spaces wurden im Teilprojekt „Platon“ Ansätze zur Plattformökonomie in der Energiewirtschaft wissenschaftlich untersucht. Am Teilprojekt EnDaSpace waren die Fraunhofer-Institute IEE, IOSB-INA, IOSB-AST, ISST und IWES beteiligt.

Zum Energy Data Space und den Inhalten des Projekts wird gleichzeitig mit dieser Pressemitteilung auch ein Video veröffentlicht. Außerdem werden die Inhalte des Projektes in einer Expert-Web-Session am 27. Mai um 10 Uhr in Kooperation mit Fraunhofer Energy Intelligence (ENIQ) präsentiert. Das Video, die Anmeldeseite zur Expert-Web-Session und weitere Informationen zum Projekt stehen auf der Webseite www.energydataspace.de bereit.

 

Text: ©️Fraunhofer IEE

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